„Der spinnt, der Bua.“
Max Kuhnle, 53 Jahre, übernahm 1999 von seinem Vater die traditionsreiche Brauerei Thorbräu am gleichnamigen Wertachbrucker Tor in Augsburg. Dies sollte nicht nur durch das Tor als eines der historischen Stadttore zur ehemaligen städtischen Freibank für Fleisch hin zu einem idyllischen und angesagten Thorbräu-Biergarten mitten im Bourgespark führen. Nein, die Übernahme wurde auch zu einem Einfallstor für neue Ideen, Wege und vor allem Geschmäcker in der Tradition der Augsburger Braukunst.

Inhaber und Tüftler Max Kuhnle
Alles war, wie es immer gewesen war
Max, der zunächst auf Wunsch seines Vaters das Brauereihandwerk an der elitären Akademie für Landwirtschaft und Brauerei Weihenstephan in Freising studierte, stieg aus Gründen der Familientradition in den väterlichen Betrieb der Brauerei Thorbräu ein, die 1875 von seinem Urgroßvater gekauft worden war und sich seither in Familienbesitz befindet.
Er befolgte die strengen Vorgaben von Vater und Braumeister – sein Weg in der sorgfältigen Bierproduktion nach Reinheitsgebot wie auch der Kreis der Abnehmer schien durch seine Vorväter vorgezeichnet. Alles war, wie es immer gewesen war.
Der junge Mann suchte jedoch etwas, worin er sich selbst ausprobieren und ausleben konnte und begab sich in seiner freien Zeit auf weite, oft abenteuerliche, Reisen, unter anderem nach Kanada, wo er Craftbeer in gefühlt unendlichen Geschmacksrichtungen kennenlernte. Er beschloss, nach seiner Rückkehr sein eigenes Craftbeer für Thorbräu zu erfinden. Er wollte neben den bekannten Sorten etwas Neues, Außergewöhnliches anbieten, ohne das wertvolle Thorbräubier zu verfälschen oder gar zu mischen. Er versprach sich davon, neben der Experimentierfreude, vor allem auch wieder mehr jüngere Kunden mit neuen Produkten anzusprechen.

Tradition und Innovation sind fest verankert bei Thorbräu

Die mehr als 400 Jahre alte Brauerei bietet – nahezu einmalig in Bayern – den direkten Straßenverkauf an
Der spinnt, der Bua
Zunächst in der heimischen Küche probierte er die Methode der Kalthopfung mit sage und schreibe 18 Hopfensorten in Handarbeit aus.
Hopfen enthält viele ätherische Öle, die je nach Sorte für die oftmals blumige bis fruchtige Aromatik sorgen. Diese Öle verdampfen normalerweise im Heissbereich des Brauvorgangs sehr schnell. Für ein Craftbeer nach der Methode der Kalthopfung wird daher Hopfen im Kaltbereich während oder nach der Vergärung hinzugegeben. Dabei wandern die ätherischen Öle aus dem Hopfen in die Lösung und bleiben schließlich im Bier gebunden. Je nach eingesetztem Hopfen erhält das Bier eine besonders frische Note, die an Gräser, heimische oder exotische Früchte oder auch Blumen und Beeren erinnert und den besonderen Reiz für Nase und Gaumen ausmacht.
Von diesem Reiz waren Herr Kuhnle senior und sein Braumeister jedoch zunächst ganz und gar nicht überzeugt: „Der spinnt, der Bua“, war nun auch die zunächst vernichtende Reaktion auf Max´ Idee, zukünftig auch Craftbeer zu produzieren.

Die Brauerei liegt am Rande der Augsburger Altstadt am Wertachbrucker Tor
Cool und praktisch zugleich
Tatsächlich verwechselte man in Deutschland und Bayern generell anfänglich die kaltgehopften Biere oft mit Biermischgetränken wie „Radler“ oder ähnlichem. Man vermutete, es würden bei diesen Sorten künstliche Aromen hinzugefügt. Diese Zweifel konnten aber durch das Reinheitsgebot und die zunehmende Verbreitung des Wissens um die Methodik, z.B. durch Brauereiführungen, ausgeräumt werden.
Auch Max konnte die Skepsis schließlich überwinden und brachte 1994 sein erstes Craftbeer auf den Markt. „Celtic“, ein helles Bier mit mehr Malz und noch mehr Hopfen als in Pils fand aufgrund seines intensiven Geschmacks und des kraftvoll männlichen Wikingerbildes auf dem Etikett sogleich viele Fans in Augsburg und Umgebung. Bisherige Freunde von dunklem Bier aus dem Hause Thorbräu wie z.B. solche, die sich beim historisch mittelalterlichen Wertachbrucker-Tor-Fest, in vergangene Zeiten tranken, aber auch „harte Kerle“ aus der Heavy Metal und Motorrad-Szene standen schon bald auf das neue Bier der Kuhnles. Die zunächst von der Gastronomie in Augsburg skeptisch betrachtete Flaschen- statt Fassproduktion erwies sich im Gegenteil schon bald sowohl als cool wie auch praktisch und führte zu gutem Absatz. Sogar die Augsburger Panther spielten 1999 in Trikots mit dem aufgedruckten Wikingeremblem.


Für Elfen und Wikinger
Dieser Erfolg brachte Max auf den Gedanken, die Craftbeerproduktion um weitere Sorten zu erweitern. Auch kam ihm der Gedanke, auch andere, möglicherweise etwas weniger „kernige“, Zielgruppen unter den männlichen Biertrinkern und auch Frauen zu gewinnen: Schon bald war der erste „Hopfenzauber“, ein obergärig gebrautes, kaltgehopftes Pale Ale geboren. Die Rechnung ging auf: Auch das Flaschenbier mit dem märchenhaften grünen Etikett, geschmückt von einer fabelhaften Elfe war von Beginn an im Verkauf, im Stüberl, im Biergarten sowie in der abnehmenden Gastronomie von Thorbräu beliebt.
Diese Beliebtheit hält bis heute an. Im Jahr 2020 hat Max Kuhnle das dritte Bier unter dem Namen „Hopfenzauber“ herausgebracht. Es handelt sich um ein obergärig mit Ale Hefe vergorenes Red Ale und rotem Etikett mit der bekannten Elfe. Es folgte damit auf den blauen „Hopfenzauber“, ein Real Black Lager, ein dunkles, kaltgehopftes Bier.
Neben 9 weiteren Craftbeers, ist mit den drei „Hopfenzaubern“, erkennbar an der sanften Elfe in Grün, Blau und Rot, damit seit 2020 die erste eigene Craftbeer-Edition von Thorbräu am Markt.
Text: Kathi Marie Ulrich
Fotos: © Thorbräu